Kurze Eindrücke vom ZFF:
The Boy and The Heron
Ich muss ihn ein zweites Mal sehen, um mir eine ausführlichere Meinung bilden zu können, aber erster Eindruck: Sehr gut, Miyazaki ist und bleibt der GOAT, auch wenn ich diesen Film wohl im unteren Drittel seiner Filmografie platzieren würde. Mit Sicherheit sein abstraktester Film (an vielen Stellen teilt er ein wenig die Stimmung der berühmten Szene mit dem Zug aus Chihiros Reise), zudem sehr meta und introspektiv in Bezug auf Miyazakis Vermächtnis als Animationslegende.
Als Nebenbemerkung: Der Film wurde von einem Angehörigen des ZFF in einer kurzen Einleitung vorgestellt, in der er versuchte, diesen Film und Miyazakis Werk generell als "wertfrei" und "ohne Moral" zu loben. Anhand einer solchen Aussage musste ich doch ziemlich schmunzeln (wie auch viele andere im Publikum), denn ich glaube nicht, dass es "wertfreie" (apolitische) Filme gibt, erst recht nicht die von Miyazaki, die von hoher moralischer Integrität zeugen. Nun ja, wenn ich die Worte des Moderators gutwillig interpretieren möchte, war das wohl einfach etwas unglücklich formuliert; wahrscheinlich wollte er darauf hinaus, dass sich Miyazakis Filme keine Schwarzweiss-Absolutismen zum Ziel setzen und in diesem Sinn auch Platz für moralische Ambiguität zulassen.
The Zone of Interest
Schon seit 2013 warte ich auf einen neuen Film von Jonathan Glazer, der damals mit Under the Skin (einer der ersten A24 Filme) einen meiner Lieblingsfilme abliefern konnte. Nun haben wir ihn endlich, erneut vertrieben von A24 und sogar bei Cannes den Jury-Preis gewonnen.
Worum geht's? Klassische Handlung gibt es kaum, stattdessen beobachtet der Film sehr kühl und distanziert (kein einziger Close-up) das schein-idyllische Leben von Rudolf Höss und seiner Familie, welche direkt neben dem KL Auschwitz ein ländliches Zuhause haben. Nun gut, auf gewisser Ebene ist der Film vielleicht etwas zu durchschaubar: Hannah Arendts These der Banalität des Bösen könnte man dem Film leicht als ausgelutschte Thematik vorwerfen; trotzdem war für mich der Film nicht ganz ohne Mehrwert. Auch das Phänomen der kognitiven Dissonanz finde ich sehr interessant, insbesondere als jemand, der sich intensiv mit Veganismus beschäftigt und daher oft über dieses Thema nachdenkt (wobei ich hier natürlich keine vulgäre Analogie zwischen Holocaust und Massentierhaltung implizieren will, aber Thema für nen anderen Tag).
Die beeindruckende Tongestaltung muss ich ebenfalls positiv erwähnen, auch dank musikalischer Untermalung von Mica Levi (in Under the Skin hat Levi übrigens einen der besten Soundtracks geliefert, die ich kenne). In einer Fragerunde nach der Vorführung machte Hauptdarsteller Christian Friedel die interessante Bemerkung, dass es hier eigentlich zwei Filme gibt: Einen, den man sieht, und einen, den man hört. Ja, kann ich so nachvollziehen.
Fazit: Ein eindringliches und gekonnt umgesetztes Werk, bei dem mir gewisse Szenen sicher langfristig in Erinnerung bleiben werden—im Gegensatz zu Under the Skin jedoch kein Film, den ich regelmässig wieder besuchen werde, dafür ist die Thematik schlicht zu düster und kraftraubend. (Under the Skin ist zwar ebenfalls sehr düster, aber auf andere, persönlichere Weise)