@tikey Können wir den Thread vielleicht in "Filme und Serien" umbenennen? Ein separater Thread für Serien scheint mir etwas Overkill bei solch sporadischer Aktivität....
Auf jeden Fall hab ich kürzlich Beef (2023) gesehen, eine ziemlich gelungene Serie von A24.
Worum gehts? Nach einem verkehrsbedingten Zornausbruch entwickeln der prekäre Vertragsarbeiter Danny (Steven Yeun) und die gestresste Kleinunternehmerin Amy (Ali Wong) einen langwierigen Kleinkrieg. Während zehn Episoden gehen sich die beiden asiatisch-amerikanischen Millennials gegenseitig an den Kragen und erfahren dabei schrittweise, dass sie mehr gemeinsam haben als es zunächst den Anschein hat. Wer hier eine aufkeimende Romanze erwartet, kann beruhigt sein: So schablonenhaft ist die Handlung zum Glück nicht. Im Zentrum geht es hier um zwei kurz vor dem Zusammenbruch stehende Seelen, für die sich der tägliche Kampf um Unabhängigkeit und soziale Mobilität als trügerische Sackgasse entpuppt.
Die erste Hälfte der Serie ist eine tight geskriptete und wirklich sehr witzige Komödie; später wird die Handlung jedoch zunehmend dramatischer und eskaliert ganz schön krass, wobei auch das Drehbuch etwas zu wackeln beginnt. In der vorletzten Episode gerät die Glaubwürdigkeit etwas gar aus dem Ruder, fängt sich aber grösstenteils wieder für das Finale. Die Charaktere sind durchaus vielschichtig konzipiert und überzeugend dargestellt—Steven Yeun ist seit Burning und Minari auf gutem Weg, einer meiner Lieblingsschauspieler zu werden (auch Ali Wong ist nicht minder überzeugend). Sogar Nebencharaktere wie Dannys jüngerer Bruder, der zunächst als hirnloser, endlosgeiler Crypto-Bro dargestellt wird, erhält im Verlaufe der Serie seine Facetten.
Trotz gutem Mix zwischen Unterhaltungswert und Charakterdrama lässt die Serie jedoch in einer Hinsicht etwas zu wünschen übrig. Letztes Jahr wurde ich nämlich richtig verwöhnt von intelligenten Serien wie Andor und Severance, verglichen dazu fehlt es Beef etwas an politischem Biss. Die Serie ist sich zwar bewusst, dass der American Dream ein trügerischer Mythos ist und Superreiche keine geeigneten Vorbilder sind: So wird die Milliardärin, die Amy ihr Geschäft abkaufen will, als oberflächlich, egozentrisch und weltfremd dargestellt. Für mich ist eine solche Darstellung jedoch immer noch zu verharmlosend, insbesondere da sich die Serie weigert, die psychologische Malaise der beiden Hauptcharaktere in einen breiteren strukturellen Kontext zu setzen. Stattdessen werden Depression und Entfremdung hauptsächlich zurückgeführt auf Generationen-Trauma, Existenzialismus und persönliches Versagen. Natürlich können das wichtige Komponenten sein, aber ohne eine klassenbasierte Analyse fehlt es hier doch an einem übergreifenden Blick. Ein System, das Milliardäre hervorbringt, ist nun mal auf ein Heer von Leuten wie Danny angewiesen. Da hätte er noch so gute Entscheidungen in seinem Leben treffen können, der Traum auf das Eigenheim für seine Eltern wäre ihm (oder zumindest Millionen Menschen wie ihm) trotzdem verweigert worden...
Öh, trotzdem 8/10 Sterne, my boy Steven Yeun too damn sexy