zaeuer
Jep, auch den zweiten OP fand ich immer schon geil! Auch wenn ich ne Serie schon seit Jahren nicht mehr gesehen habe, ein gutes OP besuche ich immer gerne wieder.
So, jetzt bei Episode 5. Bevor ich auf Makishima näher eingehen kann, sollte ich erst meinen Rewatch zu Ende bringen. Stattdessen hier einige Punkte, weshalb ich die Serie als dystopisches Werk einordne:
-Ein Überwachungsstaat sondergleichen: Das Sybil-System dürfte der feuchte Traum aller Geheimdienste, Tech-Konzerne und Einheitsparteien auf Erden sein. Bereits in dieser Welt sieht sich unsere Privatsphäre durch stetig fortschreitende Digitalisierung und Kommodifizierung zunehmend bedroht, allerdings bleibt uns zumindest ein Rückzugsort, wo unsere Privatsphäre unantastbar bleibt: unsere eigenen Gedanken und Gefühle. Nicht so im vom Sybil-System kontrollierten Japan: Jederzeit* wird dein inneres Leben überwacht. Eines Morgens stehst du mal auf dem falschen Fuss auf, schon musst du dich irgendwo im Hinterkopf wundern, ob nicht bald die Polizei an deiner Türe klopft. Solche Gedanken musst du dann aber schnell wieder verdrängen, sonst gerätst du noch in einen paranoiden Teufelskreis, der deinen Koeffizienten dann wirklich in die Höhe schnellen lässt. Also: Rasch ein paar KI-verordnete Beruhigungsmittel schlucken, (zumindest innerlich) ein frommes Lächeln aufsetzten, und schon bist du wieder ein schöner, produktiver Bürger!
*Auch wenn dein Koeffizient nicht ununterbrochen aktualisiert wird, genügt es, dass dein Koeffizient zu jeder Zeit unbemerkt gemessen werden kann, um auf psychologischer Ebene den gleichen Effekt zu erzielen: Das System fungiert als Panopticon.
-Willkürliche Tötungen ohne Gerichtsverfahren: Die Dominator schalten bei zu hohen Kriminalkoeffizienten automatisch auf den tödlichen Modus um, auch wenn das Ziel keine unmittelbare Gefahr darstellt. Zum Beispiel in Episode 5: Der gesuchte Täter ist unbewaffnet, schwerverwundet, zahlenmässig unterlegen; trotz seiner Hysterie hätte man ihn also auch festnehmen/betäuben können, anstelle ihn in tausend Stücke zu zerfetzten. Ganz zu schweigen vom Missbrauchsopfer in Episode 1! Das bringt mich gleich zum nächsten Punkt:
-Reduktion komplexer menschlicher Sachverhalte auf eine einzige, nebulöse Statistik: Wie die erste Episode bereits klarstellt, versteht ein solcher Kriminalkoeffizient nicht mal den naheliegendsten menschlichen Kontext: Etwa, dass der Stresswert einer traumatisierten Person (welcher zudem noch ein Dominator ins Gesicht gefuchtelt wird), temporär in die Höhe schiessen kann, das aber noch lange kein Grund für unmittelbare Exekution auf brutalste Art ist (einen offenen Sarg können die Angehörigen bei dem, was von der Leiche noch übrig bleibt, gleich vergessen). Gott sei Dank für Akanes Intervention! Übrigens, ich glaube, dieser Punkt ist einer der brennendsten in Bezug auf unsere eigene Welt, da in der Tat immer mehr folgenschwere Entscheidungsprozesse von unpersönlichen Algorithmen übernommen werden.
-Falsche Prioritäten bei der Verbrechensbekämpfung: Das Sybil-System basiert im Grunde genommen auf Präemption statt Prävention: «Latente Kriminelle» (in den meisten Fällen schlicht ein furchtbarer Dysphemismus für Menschen, die unter Stress leiden) werden ohne kriminelle Tat abgeführt oder hingerichtet. Prävention hingegen heisst in erster Linie, die materiellen und sozialen Bedürfnisse der Menschen abzudecken. In einer gerechten, emanzipierten, materiell abgesicherten Gesellschaft gibt es keinen systematischen Grund für Kriminalität: Was bleibt ist ein Minimum an stochastischen Verbrechen (auch im Sybil-dominierten Japan ist das nicht komplett auszulöschen), dafür müssen wir jedoch nicht unser Recht auf ein privates Innenleben an eine mordlustige, autoritäre Instanz aufopfern.
So, es gibt noch einiges mehr, was man nur schon zu diesen ersten 5 Episoden zu diesem Thema schreiben könnte, aber ich glaube, das genügt fürs Erste. Auf jeden Fall bin ich sehr gespannt, wie diesmal meine Reaktion auf Makishima fallen wird!