“Nett für zwischendurch” trifft es ganz gut. Ich bin zwar froh, dass (entgegen frühen Erwartungen) aus dieser Adaption keine totale Katastrophe geworden ist, aber trotz annehmbarem Unterhaltungswert war es mir insgesamt dann doch nicht wirklich wert. Eine zweite Staffel würde ich als hoffnungsloser Sklave dieser Konsumgesellschaft wohl trotzdem schauen; beim Erfolg dieser ersten Staffel wäre eine Fortsetzung auch beim notorischen Serien-Killer Netflix sogar halbwegs denkbar. Weitere Staffeln scheinen mir jedoch exponentiell unwahrscheinlicher—und eine Adaption, die irgendwo nach Alabasta oder Skypiea ein frühzeitiges Ende nimmt, lässt mir die ganze Übung extra sinnlos erscheinen. Was ich sagen will: Dasselbe Talent in einer eigenständigen, originellen Serie hätte die Welt vielleicht mehr bereichert als eine unfertige, "nette" Adaption eines einzigartig ambitionierten Epos wie One Piece.
Aber fangen wir mit den positiven Punkten an. Zuerst mal scheint Showrunner Matt Owens durchaus Leidenschaft und Verständnis für das Ausgangsmaterial zu besitzen, auch die vielen Referenzen zu späteren Teilen des Originals fühlen sich nicht zu forciert an (ein dreifaches Hoch auf Binks no Sake, YOHOHOHO)
Das Casting war für mich wohl der stärkste Aspekt der Adaption—Nebencharaktere wie Zeff, Mihawk und Buggy leisten ihren Vorlagen wirklich alle Ehre, auch Garps schottischer Akzent konnte mich instantan für sich gewinnen.
Iñaki Godoy als Luffy hingegen ist zumindest äusserlich perfekt gecastet; auch mangelnden Enthusiasmus kann ich ihm sicher nicht vorwerfen. Aber tut mir leid, Mayumi Tanakas Performance im Anime ist so überragend und einmalig, dass ich mir Luffy anders gar nicht vorstellen kann. Bei den anderen Strohhüten kann ich eigenständige Interpretationen eher tolerieren, aber in diesem Fall ging mir die Unstimmigkeit eher in Richtung uncanny valley als authentische Übersetzung in ein anderes Medium. (Okay, vielleicht etwas harsch formuliert, hätte deutlich schlimmer ausgehen können)
Mackenyus Zoro fand ich anfangs etwas zu try-hard, aber ich denke, die Serie ist sich dessen bewusst und die Interpretation etwas augenzwinkernd gemeint, weshalb ich mich im Verlaufe der Staffel eher damit anfreunden konnte. Sanji und Usopp waren ebenfalls solide. Etwas enttäuscht war ich allerdings von Nami; Emily Rudds Darstellung wirkt sehr trocken im Vergleich zum Original. Namis freche Seite fehlt hier fast vollständig, was die Bandbreite dieses Charakters doch um einiges reduziert und den Übergang zum dramatischen Ton in Arlong Park weniger eindringlich wirken lässt.
Und hier wären wir auch schon bei meinem schärfsten Kritikpunkt: Arlong Park wird dem Original nicht mal ansatzweise gerecht. Im Original ist dieser Arc für viele OP-Neulinge der wohl ausschlaggebendste Teil der East Blue Saga, da er am ehesten dafür verantwortlich ist, anfängliche Skeptiker in lebenslange Strohhut-Enthusiasten zu verwandeln. Auch bei mir war dies der Fall—Baratie konnte zwar mein Interesse wecken, aber es war Arlong Park, der meine Piratenflamme vollends entzünden konnte. Bei den emotionalen Höhepunkten mit Nami, Bell-mère und Co. kamen mir dementsprechend auch mindestens dreimal die Tränen—die Netflix-Adaption hingegen konnte mir hier kaum stärkere Emotionen entlocken (auch nicht, wenn mir die Handlung völlig neu gewesen wäre, dessen bin ich mir sicher). Die diesem Arc zugeteilte Episodenzahl war schlicht zu knapp, um dem Umfang dieser Geschichte gerecht zu werden: Wichtige Handlungspunkte fühlten sich nicht organisch verwoben an, sondern eher wie eine Checkliste ikonischer Momente, die mechanisch abgearbeitet wurden.
Und, ja, freudloses color grading und fürchterlich beleuchtete Nachtszenen helfen auch nicht. Im Ernst, what the fuck even is that: